- Strahlentherapie: Zerstörung von Tumoren
- Strahlentherapie: Zerstörung von TumorenMit der Strahlentherapie soll ein vor allem für die Krebsbehandlung bedeutendes Gebiet der Medizintechnik vorgestellt werden. Krebserkrankungen stellen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den Industriestaaten die zweithäufigste Todesursache dar. Der frühzeitigen Erkennung von Krebserkrankungen dienen die bildgebenden, diagnostischen Verfahren, die bereits eingehend besprochen wurden. Die Fortschritte in der Diagnostik haben in vielen Fällen eine erfolgreiche Behandlung erst ermöglicht, da eine verbesserte Bestrahlungsplanung die durch die ioniserende Strahlung bewirkten Schäden am Tumor maximiert und gleichzeitig das umliegende Gewebe schont. Auf diese Weise können heute etwa ein Drittel aller Patienten in der Strahlentherapie geheilt werden.Die Strahlentherapie ist neben Chirurgie und Chemotherapie eine der drei Säulen der Krebstherapie. Die Therapie mit ionisierender Strahlung, so die exakte fachsprachliche Bezeichnung, schließt aber auch die Behandlung von nicht bösartigen Erkrankungen ein, beispielsweise die Hüftbestrahlung nach Implantation von Hüftgelenkprothesen.Ionisierende Strahlung ist sehr energiereiche Strahlung, die mit der durchstrahlten Materie in Wechselwirkung tritt und diese derart verändert, dass die Atome und Moleküle der Materie Elektronen verlieren und dadurch zu elektrisch geladenen Ionen werden. Ein bekanntes Beispiel für ionisierende Strahlung ist die 1895 von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckte X-Strahlung, die heute im deutschen Sprachraum nach ihm »Röntgenstrahlung« heißt. Die kurz darauf einsetzende praktische Anwendung dieser Strahlung zur Behandlung von Krebs beruhte auf der Beobachtung, dass es nach Untersuchungen mit Röntgenstrahlen zu Haarausfall kam. Der Wiener Dermatologe Leopold Franck führte bereits 1896 die erste Strahlenbehandlung einer Hauterkrankung durch, und sehr bald versuchte man tiefer gelegene Geschwulste zu behandeln. Heute stehen der Strahlentherapie eine Vielzahl verschiedener Strahlenarten und -qualitäten zur Verfügung, die unter Ausnutzung spezieller Bestrahlungsmethoden eine Konzentration der Strahlung auf das krankhafte Gewebe bei weit gehender Schonung gesunder Körperbereiche ermöglichen.Nach einer Übersicht über die physikalischen Eigenschaften und die biologische Wirkung ionisierender Strahlung werden im Folgenden die verschiedenen Bestrahlungsmethoden und ihre Einsatzgebiete vorgestellt.Physikalische Eigenschaften ionisierender StrahlungIonisierende Strahlung, abgekürzt IS, ist im Gegensatz zu anderen Strahlenarten (zum Beispiel sichtbares Licht oder Wärmestrahlung) aufgrund ihrer höheren Energie in der Lage, einem Atom oder Molekül Elektronen zu entreißen. Dieser Vorgang wird Ionisation genannt.Innerhalb der ionisierenden Strahlung unterscheidet man zwischen Teilchenstrahlung und Photonenstrahlung. Mit Photonenstrahlung bezeichnet man den hoch energetischen Teil des elektromagnetischen Spektrums, er umfasst die Röntgen- und die Gammastrahlung. Photonen sind die Träger der Energie einer elektromagnetischen Welle. Intensive Röntgen- oder Gammastrahlung besteht aus einer großen Zahl hoch energetischer Photonen. Röntgenstrahlung entsteht beim Abbremsen beschleunigter Elektronen oder durch angeregte Elektronen im Innern der Atomhülle, die in ihren Grundzustand zurückkehren und dabei Energie in Form charakteristischer Strahlung abgeben. Gammastrahlung ist noch energiereicher als Röntgenstrahlung und entsteht beim Übergang eines angeregten Atomkerns in den Grundzustand oder bei der Umwandlung eines Atomkerns in einen anderen durch radioaktiven Zerfall. Therapeutisch genutzte Gammastrahlenquellen sind neben dem natürlich vorkommenden Radium-226 künstlich erzeugte Radionuklide wie Cobalt-60, Caesium-137, Iod-131, Iod-125. Die Zahl hinter dem Elementnamen gibt die Massenzahl, also die Summe aus Protonenzahl und Neutronenzahl, des Elements an.Bei der Teilchenstrahlung handelt es sich nicht um elektromagnetische Strahlung, sondern um energiereiche Teilchen, beispielsweise Elektronen, Positronen, Protonen, Neutronen, Deuteronen oder Schwerionen.Die größte Bedeutung für die Strahlentherapie haben Elektronen, Protonen, Alphateilchen und schnelle Neutronen. Neutronen werden entweder in einem Teilchenbeschleuniger über eine Kernreaktion von schnellen Deuteronen mit Beryllium erzeugt oder bei Kernspaltungsreaktionen freigesetzt.Die ionisierende Strahlung erfährt beim Durchgang durch Materie eine Schwächung durch Absorption und Streuung. Bei der Absorption wird die Energie ganz oder teilweise auf die Materie übertragen, bei der Streuung wird das Teilchen nur aus seiner Richtung abgelenkt. Beide Prozesse führen nach dem Durchtritt zu einer Reduktion der Strahlungsintensität. Das Ausmaß der Schwächung hängt zum einen von der Dichte und der Dicke der durchstrahlten Materieschicht ab, zum anderen von der Energie der IS: Je höher die Energie, desto geringer ist die Schwächung. Häufig verwendet man den Begriff der Strahlenhärte, um die Durchdringungsfähigkeit der Strahlung zu beschreiben. Sie wird durch die maximale Photonenenergie definiert: als weiche Strahlung bis 100 Kiloelektronenvolt, harte Strahlung zwischen 100 Kiloelektronenvolt und einem Megaelektronenvolt und ultraharte Strahlung über einem Megaelektronenvolt. Die Behandlung bösartiger Erkrankungen erfolgt heute überwiegend mit ultraharten Strahlenarten.Die biologische Wirkung der ionisierenden Strahlung wird unter anderem durch die von ihr abgegebene Dosis charakterisiert. Diese hängt von der im Gewebe absorbierten Energie, der Dichte der Ionisierungsprozesse und äußeren Faktoren wie zum Beispiel der zeitlichen Verteilung der Bestrahlung ab. Drei wichtige Dosisgrößen sind die Energiedosis, die Äquivalentdosis und die relative biologische Wirksamkeit.Elektronen, die durch Photonen- oder Teilchenstrahlen im Gewebe freigesetzt werden, nennt man Sekundärelektronen; sie besitzen eine relativ hohe Reichweite, die mit der Energie der auslösenden ionisierenden Strahlung zunimmt. Die Sekundärelektronen der Photonenstrahlung fliegen in Richtung der einfallenden Strahlung weiter. Sie sind für die Energieabgabe an das Gewebe verantwortlich, und sie bestimmen letztlich die Dosis. Die Lage des Dosismaximums ist von der Reichweite der Sekundärelektronen abhängig — es liegt mit zunehmender Strahlungsenergie immer tiefer.Der Tiefendosisverlauf ist für Photonenstrahlung und Teilchenstrahlung unterschiedlich. Für Photonenstrahlung nimmt die prozentuale Tiefendosis mit steigender Strahlenenergie zu, die Maximaldosis verlagert sich dabei in tiefere Bereiche des Körpers.Im Gegensatz zur Photonenstrahlung erfolgt die Energieabgabe bei Teilchenstrahlung kontinuierlich. Teilchenstrahlen besitzen daher eine genau definierte Eindringtiefe, die mit zunehmender Energie ansteigt. Der Verlauf der Tiefendosiskurve ist abhängig von der kinetischen Energie des Teilchens, dessen Masse, Ladung und der Materialdichte. Sie erzeugen eine höhere Ionisierungsdichte entlang ihrer Bahn durch das Gewebe als Photonenstrahlung und erreichen ihr Energiemaximum erst in tieferen Lagen. Dadurch kann oberflächennahes Gewebe geschont werden. Elektronen weichen von diesem Verhalten jedoch ab, weil sie aufgrund ihrer viele Tausend Mal geringeren Masse stark gestreut werden. Die Dosis steigt bei Elektronen unmittelbar nach dem Eindringen in Materie an und nimmt mit zunehmender Gewebetiefe steil ab.Biologische Wirkung ionisierender StrahlungDer Mensch besteht — ohne Berücksichtigung der Blutzellen — aus etwa zehn bis 100 Billionen Zellen, das ist eine Zahl aus einer Eins mit 13 beziehungsweise 14 Nullen! Die menschlichen Zellen sind häufig auf bestimmte Funktionen spezialisiert, zum Beispiel als Leberzellen, Nervenzellen oder Muskelzellen. In ihrem Zellkern befinden sich die Chromosomen, welche die Träger der Erbsubstanz sind. Bei der Zellteilung wird die Erbsubstanz verdoppelt und auf zwei Zellen verteilt. Die Auswirkungen einer Bestrahlung mit ionisierender Strahlung auf die Bestandteile einer solchen Zelle können in vier charakteristische, aufeinander folgende Phasen unterschieden werden: In der ersten, physikalischen Phase erfolgt die Dosisabsorption. Dabei werden die Moleküle in der Zelle angeregt und ionisiert. In der anschließenden zweiten, physikalisch-chemischen Phase treten Primärschäden am Molekül auf, zum Beispiel brechen die Molekülbindungen auf. Die Primärschäden werden entweder durch direkte Strahlenwirkung oder durch die Bildung von hochreaktiven Radikalen verursacht, welche die Moleküle in der Zelle schädigen. Die zweite Phase läuft innerhalb der fast unvorstellbar kurzen Zeit von 10-14 bis 10-6 Sekunden nach der Bestrahlung ab. Während der dritten, biochemischen Phase führen mehrere chemische und biochemische Folgeprozesse zu Veränderungen und Schäden an der Erbsubstanz. Diese Vorgänge laufen ebenfalls in Bruchteilen von Sekunden nach der Bestrahlung ab. Die vierte, biologische Phase zeigt die Auswirkungen der einzelnen vorausgegangenen Prozesse anhand anatomischer Veränderungen und Ausfällen der Lebensfunktionen des Organismus. Hierzu gehören beispielsweise Stoffwechselveränderungen, Mutationen im Erbmaterial, Zelltod, Entstehung bösartiger Erkrankungen oder auch der Tod des gesamten Organismus. Diese Auswirkungen können entweder bereits wenige Sekunden nach der Bestrahlung auftreten oder aber erst nach vielen Jahren und Jahrzehnten.Eine Bestrahlung hat je nach Ablauf der beschriebenen Prozesse für die Zelle verschiedene Konsequenzen: Die Zelle gleicht den Strahlenschaden durch Reparatur aus und kann sich weiterhin teilen und vermehren. Ihr Erbmaterial kann aber auch durch die Bestrahlung so verändert worden sein, dass sie jetzt andere Eigenschaften hat als vor der Bestrahlung, obwohl ihre Teilungsfähigkeit unbeeinflusst bleibt. Auf diese Weise werden beispielsweise Erbkrankheiten oder Tumore durch die Bestrahlung ausgelöst. Eine weitere Möglichkeit ist der plötzliche Zelltod ohne weitere Vermehrung der Zelle oder aber der Zelltod nach wenigen Vermehrungszyklen. Die Abhängigkeit der verschiedenen Ereignisse von der verabreichten Strahlendosis lässt sich in Zellkulturen und am lebenden Organismus untersuchen. Das Resultat wird in Überlebenskurven, Dosis-Wirkungs-Kurven, dargestellt, bei denen der Prozentsatz der überlebenden Zellen in Abhängigkeit von der verabreichten Dosis aufgetragen wird. Das Ergebnis zeigt, dass hohe Strahlendosen pro Zeitintervall wirksamer sind als kleine Strahlendosen, weil die Zellen bei geringen Dosen in der Lage sind, die Strahlenwirkung zu reparieren und sich auf diese Weise vollständig zu erholen.Warum verwendet man nun Photonen- und Teilchenstrahlung für die Tumortherapie? Die Antwort auf diese Frage liegt in einem wichtigen Unterschied zwischen gesunden und Tumorzellen: Während das Wachstum gesunder Zellen im Körper durch verschiedene äußere und innere Faktoren reguliert und auf einem festgelegten Niveau gehalten wird, zeigen Tumorzellen ein unabhängiges, eigenständiges, unkontrolliertes Wachstum über ihre ursprünglichen Gewebegrenzen hinaus.Tumorzellen benötigen außerdem für die beschriebenen Erholungsvorgänge nach einer Bestrahlung mehr Zeit als gesundes Gewebe, das sich relativ schnell regenerieren kann. Dies ist die Grundlage für die Anwendung der Dosisfraktionierung. Hierunter versteht man die zeitliche Aufteilung der Gesamtdosis auf mehrere Bestrahlungen, zwischen denen sich gesundes Gewebe erholen kann, während der Tumor sukzessive zerstört wird. Durch eine Kombination der Bestrahlung mit Chemotherapie, Hyperthermie, Sauerstoffgabe oder auch eine Kombination von verschieden ionisierenden Strahlungen wird die Strahlenempfindlichkeit von Tumorgewebe gegenüber Normalgewebe zusätzlich erhöht und somit der Therapieeffekt verstärkt.Bestrahlungseinrichtungen und AnwendungsbereicheMan unterscheidet verschiedene Strahlentherapieformen in Hinblick auf die Tiefenlage des erkrankten Gebiets. Die Oberflächentherapie wird zur Bestrahlung oberflächlich gelegener Zielvolumen herangezogen, beispielsweise bei der Behandlung von Hauttumoren. Sie erfolgt mit weichen Röntgenstrahlen, schnellen Elektronen mit Energien von bis zu fünf Megaelektronenvolt oder durch Kontakttherapie mit umschlossenen Radionukliden. Die Halbtiefentherapie erfolgt mit Röntgenstrahlen oberhalb von 100 Kiloelektronenvolt, mit der Caesium-137-Teletherapie oder mit schnellen Elektronen mit einer Energie von 7 bis 20 Megaelektronenvolt. Als Strahlenarten kommen hierfür im Grunde alle ionisierenden ultraharten Strahlen in Betracht. Am häufigsten werden jedoch ultraharte Gammastrahlen (Cobalt-60), hoch energetische Elektronen oder konventionelle Röntgenstrahlen (100 Kiloelektronenvolt) verwendet. Die Bestrahlung erfolgt in den meisten Fällen von außen. Sie kann jedoch auch durch Einführen umschlossener radioaktiver Stoffe in natürliche oder künstliche Körperhöhlen oder durch Implantation direkt in den Tumor durchgeführt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung offener Radionuklide, die zum Beispiel auf dem Stoffwechselweg in den Körper eingebracht, also geschluckt werden.Die Radio-Iodtherapie zur Beeinflussung der Schilddrüsenüberfunktion und des Schilddrüsenkarzinoms ist ein Beispiel für eine solche Behandlungsform. Bei dieser Therapieform nutzt man aus, dass sich mit der Nahrung aufgenommenes Iod in der Schilddrüse stark anreichert. Dies gilt auch für radioaktives Iod, das somit auf natürliche Weise selektiv in die zu bestrahlende Schilddrüse gelangt und die dortigen Zellen gezielt bestrahlt.BestrahlungsgeräteZur therapeutischen Bestrahlung benutzt man vor allem die leicht zugängliche Strahlung von Röntgengeräten oder Präparaten, die radioaktive Elemente enthalten. Außerdem werden auch Strahlen, die von Teilchenbeschleunigern erzeugt werden, angewandt.In einer Röntgentherapieanlage wird therapeutische Röntgenstrahlung in einer Röntgenröhre erzeugt. Die Röhrenspannungen betragen hierbei bis zu 400 Kilovolt, womit sich dementsprechend Strahlenenergien von bis zu 400 Kiloelektronenvolt erzielen lassen. Die Funktionsweise ist analog zu einer in der Diagnostik eingesetzten Röntgenröhre, allerdings wird hier anstelle einer rotierenden Anode eine fest stehende benutzt. Bei Behandlung der Brust arbeitet man mit Röntgenenergien um 20 Kiloelektronenvolt, bei der Lunge um 150 Kiloelektronenvolt. Die entstehende Röntgenstrahlung besitzt eine kontinuierliche Energieverteilung. Der weiche, niederenergetische Anteil der Strahlung wird durch Filterplatten aus Aluminium oder Kupfer zurückgehalten. Die Röntgenquelle ist in einem Gantry genannten Auslegearm untergebracht, der um die Patientenliege gedreht werden kann.Die Strahlungsquelle von Gammabestrahlungsgeräten besteht in den meisten Fällen aus einem Gammastrahlung emittierenden Cobalt-60-Präparat mit einer Länge von zwei bis vier Zentimetern und etwa zwei Zentimetern Durchmesser. Die emittierte Strahlung besitzt zwei scharf definierte Energien (1,17 und 1,32 Megaelektronenvolt). Das Präparat befindet sich in einem doppelt verschweißten Zylinder, der im Strahlkopf fixiert ist. Da die Strahlung nicht abgeschaltet werden kann, wird die Quelle von starken Blei- und Wolframabschirmungen umgeben. Indem man die Strahlenquelle dreht, kann die Strahlung durch ein Fenster in der Abschirmung in die gewünschte Richtung austreten. Der gesamte Strahlkopf ist, wie bei der Röntgenbestrahlung auch, frei um die Patientenliege drehbar.Teilchenbeschleuniger nennt man Einrichtungen zur Erzeugung hoch energetischer Photonen- und Teilchenstrahlung. Aufgrund der Form der Tiefendosiskurve, deren Maximum sich in tiefer liegenden Bereichen befindet und mit einem steilen Dosisabfall endet, bieten Protonen, Alphateilchen und Schwerionen viele Vorteile gegenüber anderen ionisierenden Strahlenarten. Der mit der Strahlerzeugung und Strahlführung schwerer geladener Teilchen verbundene hohe technische Aufwand beschränkt diese Therapieform allerdings derzeit auf nur wenige Großforschungseinrichtungen, welche die Teilchenbeschleuniger hauptsächlich für Grundlagenforschung nutzen. So wird am Hahn-Meitner-Institut in Berlin (HMI) seit kurzem die Protonentherapie für Augentumoren praktiziert; bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt (GSI) wurden 1998 die ersten Patienten in Deutschland mit einer Schwerionentherapie unter Verwendung von Kohlenstoffionen behandelt. Der Einsatz solcher Therapieformen kommt im klinischen Routinebetrieb kaum in Betracht. Elektronenbeschleuniger sind dagegen in kompakter Bauweise erhältlich und werden daher in der klinischen Routine eingesetzt. Man unterscheidet zwischen Kreisbeschleunigern und Linearbeschleunigern. Im Kreisbeschleuniger werden die Elektronen auf einer annähernd kreisförmigen Bahn beschleunigt, die sie mehrmals durchlaufen. Durch Einschwenken einer Anode in die Elektronenbahn lässt sich der Beschleuniger auch zur Erzeugung ultraharter Röntgenstrahlung nutzen, da beim Aufprall der hoch energetischen Elektronen wie in einer Röntgenröhre Röntgenphotonen freigesetzt werden. In einem Linearbeschleuniger werden die Elektronen beim Durchlaufen einer geraden Beschleunigungsstrecke in einem Hohlleiter beschleunigt. Die Umlenkung der beschleunigten Elektronen am Ende der Strecke erfolgt durch einen Ablenkmagneten. Auch hier kann wahlweise eine Anode zur Erzeugung ultraharter Röntgenstrahlung eingeschoben werden. Der Elektronenstrahl verlässt den Beschleuniger mit einem Strahldurchmesser von ungefähr drei Millimetern, der je nach Bedarf mit Streufolien entsprechend aufgeweitet werden kann. Klinische Linearbeschleuniger besitzen Rohrlängen um zwei Meter. Auf dieser Strecke müssen die Elektronen auf Energien von einigen Megaelektronenvolt beschleunigt werden. Dies erfordert elektrische Leistungen von mehreren Megawatt. Mit modernen Anlagen lassen sich Elektronenenergien zwischen 5 und 20 Megaelektronenvolt und ultraharte Röntgenstrahlen von 6 bis 15 Megaelektronenvolt erzeugen.In der Brachytherapie (griechisch brachys: kurz, klein, gering) werden radioaktive Präparate für eine gewisse Zeit in den Körper des Patienten eingebracht oder auf die Haut aufgelegt. Dies ist in der Regel mit einer hohen Strahlenbelastung für Arzt und Pflegepersonal verbunden.Um die Strahlenbelastung zu reduzieren, wird mit Afterloading-Geräten gearbeitet, die eine automatische, ferngesteuerte Einbringung radioaktiver Präparate mithilfe von Schläuchen in den Körper und deren Entfernung nach der Therapie ermöglichen. Zunächst werden die Applikatoren unter Operationsbedingungen in die gewünschte Körperposition des Patienten gebracht. Das radioaktive Präparat wird anschließend ferngesteuert in den Applikator geschoben und nach berechneter Einwirkzeit wieder entfernt. Es gibt aber auch Präparate, die über mehrere Tage im Körper verbleiben können. Solche Behandlungen werden häufig bei Ovarial-Tumoren (Eierstock-Tumoren), Prostatakarzinomen und Analkarzinomen, Hauttumoren und Kopf-Hals-Tumoren durchgeführt. Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet ist die Bestrahlung von Gefäßinnenwänden, um die Bildung neuer Gefäßverkalkungen zu vermeiden. Zurzeit ist dies jedoch kein Ersatz für die bisher verwendeten konventionellen Methoden.Bestrahlungsmethoden und BestrahlungsplanungDas Ziel jeder Strahlentherapie ist die optimale Schonung der gesunden Gewebe und Organe bei gleichzeitiger maximaler Schädigung des tumorösen Bereichs durch eine möglichst hohe Dosis im Zielvolumen. Die räumliche Dosisverteilung wird in Form von Isodosen dargestellt. Dies sind Flächen, die alle Punkte gleicher Dosis im bestrahlten Körpervolumen verbinden.Jeder Strahlenbehandlung geht eine präzise Bestrahlungsplanung voraus, bei der für jeden Patienten individuell die genaue Dosisverteilung, Strahlenart, Lage und Größe der Bestrahlungsfelder sowie die optimale Bestrahlungsmethode festgelegt wird. Die Dosisverteilung wird mit dem Computer ermittelt, wobei besonders strahlenempfindliche Risikoorgane wie Augen und Rückenmark berücksichtigt werden. Die Planung erfolgt häufig anhand von computertomographischen Aufnahmen, die oft durch MRT-Bilder ergänzt werden. Dort wird die Lokalisation, Ausdehnung und Ausbreitung des Tumors bestimmt und die Dosisverteilung eingezeichnet.Die im Bestrahlungsplan festgelegten Daten werden auf das Bestrahlungsgerät übertragen und protokolliert. Vor dem Beginn der Therapie wird an einem Simulationsgerät die Lagerung des Patienten festgelegt, und die Bestrahlungsfelder werden simuliert. Das spätere Bestrahlungsfeld wird dann auf der Haut des Patienten mit einem Stift aufgemalt, sodass der Patient bei jeder Bestrahlung genau positioniert werden kann. Bei hochpräzisen Bestrahlungen, wo es auf eine Genauigkeit von ein bis zwei Millimetern ankommt, um strahlenempfindliche Bereiche (wie zum Beispiel den Sehnerv) zu schonen, wird der Patient für die Dauer der Bestrahlung fixiert. Dies kann im Fall einer Bestrahlung des Kopfes mit einer Gipsmaske geschehen, die an einem stereotaktischen System befestigt ist. Sie wird vom Patienten auch bei der Aufnahme der CT- und MRT-Bilder getragen, um die gleiche Positionierung zu gewährleisten.Die Wahl der Bestrahlungsmethode bestimmt die Dosisverteilung im Gewebe. Sie ist abhängig von der Lage, Form und Ausdehnung des Tumors. Die Einzelfeldbestrahlung wird bei der Behandlung oberflächennaher und halbtief gelegener Tumoren in bis zu sieben Zentimetern Tiefe durchgeführt.Für tiefer gelegene Tumoren wird die Mehrfeldbestrahlung verwendet, bei der mehrere Einzelfelder aus verschiedenen Richtungen eingestrahlt werden, wobei die Strahlen alle im Zielvolumen zusammenlaufen. Bei gleichzeitiger Absenkung der Strahlenbelastung im umliegenden Gewebe wird im Überschneidungspunkt eine hohe Dosis erreicht. Die Bewegungsbestrahlung (Rotationsbestrahlung) ist eine Form der Mehrfeldbestrahlung. Die Strahlenquelle bewegt sich dabei auf einem Kreisbogen um den Patienten. Wird der Einstrahlwinkel mehrmals durchlaufen, spricht man von einer Pendelbestrahlung. Mit der Methode der Rotationsbestrahlung kann die optimale mit externer Bestrahlung mögliche Dosisverteilung erreicht werden. Dabei kommen zusätzlich noch Blenden zum Einsatz, mit denen sich die von den Bestrahlungsgeräten gelieferten rechteckigen Strahlenquerschnitte an die individuelle Tumorgestalt und das gewünschte Bestrahlungsvolumen anpassen lassen. Die Blenden bestehen meist aus Bleilegierungen, da die Abschirmung umso besser wirkt, je dichter das verwendete Material ist.Die einfachste Methode ist die Abschirmung einzelner Feldbereiche durch Aufstellen von vorgegebenen, speziell geformten Metallblöcken in den Strahlengang. Eine andere Methode ist der Einschub individuell geformter Blenden in das Blendensystem des Geräts. Einige Geräte besitzen inzwischen einen in das Blendensystem eingebauten Lamellenkollimator, in der Medizintechnik »Multi-Leaf-Kollimator« genannt (»Vielblatt-Kollimator«). Jede Lamelle kann mit einem kleinen Motor angesteuert werden, wodurch eine individuelle, zeitlich variierbare Feldformung ermöglicht wird.Die Entwicklung verbesserter Bestrahlungsgeräte und die Erforschung neuer Bestrahlungsmethoden wie zum Beispiel der Schwerionentherapie dient der optimalen Behandlung des Patienten und führt zu einer anhaltenden Verminderung der Strahlennebenwirkungen. Durch die parallele Entwicklung verbesserter diagnostischer und therapeutischer Verfahren können in der Strahlentherapie wie in der gesamten Medizintechnik Erkrankungen frühzeitig erkannt und die Chancen auf Heilung erhöht werden. Die medizinischen Entwicklungen zielen dabei nicht zuletzt darauf ab, den Aufwand und die Schmerzen für den Patienten zu verringern. Die Fortschritte im Bereich der diagnostischen Verfahren, in der minimal invasiven Chirurgie sowie in der Laser- und Bestrahlungstechnik sind Beispiele hierfür. Die dahinter stehende Technik wird jedoch immer anspruchsvoller und komplexer — in diesem spannenden, aber oft selbst für Fachleute nicht mehr leicht zu überblickenden Bereich der Medizintechnik ist noch lange kein Ende der Entwicklung abzusehen.Dr. Harald Münch und Dipl.-Phys. Renate JereiGrundlegende Informationen finden Sie unter:nuklearmedizinische DiagnostikLaubenberger, Theodor / Laubenberger, Jörg: Technik der medizinischen Radiologie. Diagnostik, Strahlentherapie, Strahlenschutz für Ärzte, Medizinstudenten und MTRA. Mit Anleitung zur Strahlenschutzbelehrung in der Röntgendiagnostik. Köln 71999.
Universal-Lexikon. 2012.